Berlin, 10. September 2024: Gemeinsam mit 14 weiteren Organisationen – darunter Amnesty International, Ärzte ohne Grenzen und die Landesflüchtlingsräte – fordert Sea-Watch die deutsche Bundesregierung auf, der Kriminalisierung von Flucht endlich ein Ende zu setzen. Kurz vor den Verhandlungen über die EU-Richtlinie zur sogenannten Beihilfe illegaler Einreise ab Oktober 2024, fordert der Appell den effektiven Schutz von Flüchtenden anstatt Menschenhandel zu befeuern.
In einer Zeit zunehmender Erosion menschenrechtlicher Prinzipien fordern die 15 zivilgesellschaftlichen Organisationen die deutsche Bundesregierung auf, sich im Gesetzgebungsverfahren zur Überarbeitung der EU-Richtlinie für ein Ende der Kriminalisierung von Flucht und Menschenrechtsverteidigerinnen einzusetzen.
Anstatt Menschenhandel zu verhindern, wird die EU-Richtlinie in Mitgliedstaaten als Instrument genutzt, um sowohl flüchtende Personen als auch ihre Unterstützer zu kriminalisieren. Die iranisch-kurdische Frauenrechtsaktivistin Maysoon Majidi ist eine von ihnen. Aktuell sitzt sie in einem italienischen Gefängnis unter dem Vorwurf, ihr Fluchtboot selbst gesteuert zu haben. Laut einer Studie der Organisation borderline-europe, werden Menschen, denen dieser Vorwurf gemacht wird, in Griechenland zu durchschnittlich 46 Jahren Haft verurteilt. Der aktuelle Entwurf der EU Kommission wiederholt diese fehlgeleitete Politik. Der Tatbestand der sogenannten Beihilfe zur illegalen Einreise ist so schwammig formuliert, dass damit jeder Mensch zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt werden kann, der vermeintlich ein Boot nach Europa gefahren sei. Selbst wenn es das eigene Fluchtboot war.
Der Appell der 15 Organisationen beinhaltet konkrete Forderungen, darunter:
- Die Schaffung von Rechtssicherheit durch eine klare Definition der sogenannten Beihilfe zur illegalen Einreise,
- Die Entkriminalisierung von Schutzsuchenden und ihren Familien,
- Die Implementierung einer umfassenden Ausnahmeformulierung für humanitäre Hilfe.
Maria Naass, Leiterin der politischen Öffentlichkeitsarbeit, kommentiert: “Die EU Kommission sorgt gezielt dafür, dass Unschuldige für Jahrzehnte hinter Gittern verschwinden. Ihre Politik kriminalisiert, anstatt zu schützen – und das vorsätzlich. Die deutsche Bundesregierung muss sich für ein sofortiges Ende dieser Menschenrechtsbrüche einsetzen.”
Den offenen Brief der 15 Organisationen finden Sie hier.
Weitere Informationen über die EU-Richtlinie und den kommenden Verhandlungsprozess finden Sie hier.