Die zentrale Mittelmeerroute ist eine der tödlichsten Migrationsrouten der Welt. Seit 2014 sind dort mehr als 25.000 Menschen ums Leben gekom- men oder verschollen. Andere werden abgefangen, illegal nach Libyen zurückgeführt und systematisch inhaftiert. Es sind grausame Taten. Es sind politische Verbrechen und nicht, wie oft behauptet, die Folgen einer humanitären Katastrophe. Es sind Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

Diese Verbrechen passieren nicht anonym – Sie werden an Schreibtischen von Menschen in Behörden der Europäischen Union geplant. Menschen mit Namen und Titeln, Zuständigkeiten und Befugnissen. Klar ist: Kein Verbrechen ohne Verbrecher.

Am 29. November 2022 hat das European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR), gestützt auf Beweise von Sea-Watch und anderen zivilgesellschaftlichen Organisationen, gemäß Artikel 15 des Römischen Statuts, Strafanzeige beim Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) eingereicht.

Es gibt Belege und Informationen, die auf die mutmaßliche strafrechtliche Verantwortung hochrangiger Beamt:innen der EU-Mitgliedstaaten und EU-Behörden, hinweisen. Der Vorwurf: schwerwiegende Beraubung der körperlichen Freiheit von Flüchtenden als Verbrechen gegen die Mensch- lichkeit. Und das mit Plan. Sie arbeiten eng mit libyschen Akteur:innen zusammen, fangen Flüchtende auf See ab und bringen sie illegal nach Libyen.

Wir wehren uns gegen die Verbrechen gegen die Menschlichkeit und fordern Den Haag auf, die Beteiligung hochrangiger Beamt:innen der EU-Mitgliedstaaten und EU-Behörden an den Verbrechen zu untersuchen. Ihre Taten müssen strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden.

Wer sind die Verbrecher?

Grundlage für die Liste sind 12 beispielhafte Fälle, die Verbrechen zwischen 2018 und 2021 beschreiben. Das Material konnte aus öffentlich zugänglichen Daten und dokumentierten Vorfällen von unterschiedlichen Organisationen zusammengetragen werden (Watch the Med – Alarm Phone, Open Arms, Border Forensics, Frag den Staat, Human Rights Watch, Sea-Watch). Es ergibt sich ein klares und detailliertes Bild der Zusammenarbeit zwischen den Organen, Agenturen, Einrichtungen und Operationen der Europäischen Union (insbesondere der Europäischen Kommission, dem EAD, EUNAVFOR MED und Frontex) und den Mitgliedstaaten, einschließlich Italien und Malta, mit libyschen Akteur:innen, sowohl auf politischer als auch auf operativer Ebene.