Das vom Bündnis United4Rescue zur Verfügung gestellte Rettungsschiff Sea-Watch 4 wird in Kürze zu seinem ersten Rettungseinsatz im Mittelmeer aufbrechen. Der Einsatz wird von der Organisation Sea-Watch operativ geleitet und durch Ärzte ohne Grenzen medizinisch unterstützt. Während europäische Staaten weiterhin Such- und Rettungsaktivitäten blockieren und kriminalisieren, ist die Sea-Watch 4 ein klares Zeichen der Solidarität und Menschlichkeit, die dem Sterbenlassen im Mittelmeer nicht tatenlos zusieht. Durch das Bündnis United4Rescue wird das Rettungsschiff von einer breiten Zivilgesellschaft mitgetragen. Mehr als 550 Organisationen stehen als Bündnispartner*innen hinter der Sea-Watch 4.
Ärzte ohne Grenzen ist bis mindestens Ende des Jahres an Bord der Sea-Watch 4 für die medizinische Notfallversorgung zuständig, wozu auch der Betrieb der Schiffsklinik gehört. Das vierköpfige medizinische Team, einschließlich einer Ärztin und einer Hebamme, wird durch zwei Mitarbeiterinnen für Kommunikation und für die Belange besonders schutzbedürftiger Personen ergänzt. Die 21-köpfige Crew von Sea-Watch trägt die operative Verantwortung für das Schiff sowie die Rettungseinsätze. Gemeinsam leisten beide Organisationen humanitäre Hilfe an Bord.
„Die Sea-Watch 4 und das dahinterstehende breite Bündnis sind die deutliche Antwort der Zivilgesellschaft auf die rassistische Politik der EU, die Menschen ertrinken lässt, damit sie europäisches Festland nicht erreichen„, so der Einsatzleiter der Sea-Watch 4, Philipp Hahn. „EU-Flugzeuge beobachten Ertrinkende aus der Luft und koordinieren illegale Rückführungen nach Libyen, während Rettungsschiffe wie die Sea-Watch 3 aus politischen Gründen an die Kette gelegt werden. Die Sea-Watch 4 ist ein Symbol der Solidarität mit Menschen auf der Flucht, und ein klares Signal an die EU, dass wir trotz aller Blockadeversuche nicht aufhören werden, zu retten. Solange die EU-Staaten Menschen zur Abschreckung ertrinken lassen, werden wir weitermachen. Wir lassen niemanden ertrinken!“, so Hahn weiter.
„Niemand darf in Verhältnisse zurückgezwungen werden, in denen Tod, Folter und Ausbeutung drohen“, sagt Oliver Behn, Leiter der Projektabteilung von Ärzte ohne Grenzen in Amsterdam. „Doch genau dies ist die Folge der Politik der europäischen Staaten, die staatliche Seenotrettung weitgehend eingestellt haben, die zivile Seenotrettung behindern und die Menschen durch die libysche Küstenwache ins Konfliktgebiet zurückbringen lassen. Erst vergangene Woche wurden drei Jugendliche erschossen, direkt nachdem sie nach Libyen zurückgezwungen wurden. Unser Team hat zwei weitere Verletzte mit Schusswunden ins Krankenhaus gebracht.“
Während in den vergangenen Monaten Tausende versuchten, in seeuntauglichen Booten Libyen zu entfliehen, verweigerten Malta und Italien Menschen in Seenot die Rettung und schlossen ihre Häfen für NGO-Schiffe. Da fast alle aktiven Seenotrettungsschiffe wegen angeblicher Sicherheitsmängel in Italien festgesetzt oder mit nicht erfüllbaren Auflagen am Einsatz gehindert werden, sind derzeit keine zivilen Seenotrettungsorganisationen im Mittelmeer aktiv.
“Wir sind überwältigt und dankbar, dass unser Bündnis United4Rescue seit der Gründung im Dezember 2019 genug Spenden für das zusätzliche Rettungsschiff sammeln konnte”, so Sandra Bils, Gründungsmitglied von United4Rescue. “Doch so dankbar ich für all die Spenden bin, die den Kauf der Sea-Watch 4 ermöglicht haben und so großartig unser breites gesellschaftliches Bündnis ist: Das Sterben auf dem Mittelmeer ist ein absolutes Armutszeugnis für Europa! Ich hoffe darauf, dass unser Engagement in naher Zukunft nicht mehr gebraucht wird, weil die europäischen Staaten ihrer Verantwortung und ihren rechtlichen Verpflichtungen nachkommen und es eine staatliche Seenotrettung gibt.”
Infos zu United4Rescue
United4Rescue unterstützt als unabhängiger, gemeinnütziger Verein die zivile Seenotrettung auf dem Mittelmeer. Im Januar 2020 ermöglichte United4Rescue den Kauf der Sea-Watch 4 als zusätzliches Rettungsschiff. Darüber hinaus unterstützt United4Rescue auch andere zivile Seenotrettungsorganisationen, damit niemals ein Rettungsschiff aufgrund fehlender finanzieller Mittel nicht auslaufen kann.
Das Bündnis vereint mehr als 550 große und kleine Organisationen, Initiativen, Unternehmen, Vereine und Stiftungen aus den unterschiedlichsten gesellschaftlichen Bereichen. Bündnispartner*innen sind u.a. der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), World Vision Deutschland, der Koordinierungsrat der Muslime und die Evangelische Kirche in Deutschland.