Italienisches Innenministerium schickt Sea-Watch 3 in den Hafen von Regio Calabria, – Ankunftszeit wird SAMSTAG, 9. JUNI, 08.00 UHR
Die 232 Menschen an Bord der Sea-Watch 3 sind nun seit mehr als 72 Stunden auf See, davon zwei Tage unter schlechten Wetterbedingungen.
Die Situation zeigt einen besorgniserregenden Mangel an Such- und Rettungsmitteln im zentralen Mittelmeer auf. Nach einer Rettung durch die Sea-Watch 3, musste das Schiff 90 Seemeilen weiter ein Handelsschiff unterstützen, das ebenfalls an einer Rettung beteiligt war. Sea-Watch unterstützte die Rettungleitstelle damit enorm, da so das Handelsschiff seinen Arbeitsbereich nicht verlassen musste, für Sea-Watch ist eine solche Fahrt jedoch mit hohen Kosten verbunden. Kurz darauf wurde Sea-Watch erneut mit Suchoperationen betraut, 70 Seemeilen nördlich der libyschen Küste, der Fall wurde dann jedoch von einem Schiff der italienischen Marine übernommen. Von dieser Verpflichtung befreit, fuhr Sea-Watch dann weitere 80 Seemeilen, um die Seefuchs (das Schiff der NGO Sea-Eye) zu unterstützen und von dem deutlich kleineren Schiff Gerettete zu übernehmen. Als sie das andere Schiff erreichten, waren allerdings mittlerweile die Wetterverhältnisse so schlecht, dass der Transfer nicht mehr möglich war. Das hätte vermieden werden können, wenn rechtzeitig interventiert worden wäre.
Stattdessen macht diese Odyssee der Sea-Watch 3 deutlich, dass ein akuter Mangel an Rettungskräften besteht.
Solidarität auf See, nur zwischen NGOs?
Die Sea-Watch 3 ist mehr als 24 Stunden in der Nähe der Seefuchs geblieben, um der NGO Sea-Eye Hilfe zu leisten und Personen von der Seefuchs zu übernehmen, was durch die Verschlechterung der Wetterbedingungen unmöglich gemacht wurde. Gestern hat die Koordinierungsstelle für Seenotrettung in Rom das SAR-CP941-Schiff der italienischen Küstenwache zur Hilfe geschickt und zusätzlich ein Handelsschiff umgeleitet. Die von Malta beantragte Unterstützung bei der Landung von Seefuchs wurde abgelehnt. Die Unterstützung hätte in das Gebiet entsandt werden müssen, bevor sich die Wetterbedingungen verschlechterten, was in den Wettervorhersagen vorherzusehen war.
Malta lehnt bisher Hilfestellung ab (ausgenommen medizinische Evakuierung). Die Seefuchs wird derzeit noch von der italienischen Küstenwache unterstützt. Der Transfer der Geretteten konnte aufgrund der Wetterbedingungen nicht stattfinden. Malta hat sich (bisher) geweigert, die Verantwortung für die Situation zu übernehmen und seine Häfen für die NGO zu öffnen.
Heute kurz vor 12 Uhr wurde der Sea-Watch 3 nun endlich ein Hafen zugeteilt. Nach einer ersten Hafenzuweisung am 6. Juni war Sea-Watch bis zum späten Nachmittag des gestrigen Tages mit den oben genannten Operationen beschäftigt und lediglich angewiesen worden, nach Norden weiterzufahren, ohne einen Hafen zugewiesen zu bekommen, bis das Innenministerium den Hafen der Region Kalabrien bestätigte. Der Hafen liegt deutlich weiter im Norden als etwa Pozallo, was für die geretteten Menschen, von denen viele unter Seekrankheit leiden, eine erhebliche Mehrbelastung bedeutet.
Die oben skizzierte Situation legt die Anwendung unterschiedlicher Standards bei der Seenotrettung nahe: Es stellt sich die Frage, ob der Ansatz zur Rettung von Menschen in Not anders gewesen wäre, wenn sie europäische Bürger wären. Anstatt die sogenannte Libysche Küstenwache zu bestärken, völkerrechtswidrige Rückführungen durchzuführen, sollte die Europäische Union selbst Rettungskräfte schicken, um Situationen wie diese zu vermeiden.