April 2020. Die ersten Monate der tödlichen COVID-19-Pandemie. Im überfüllten Camp Moria auf Lesbos, aber auch an unzähligen anderen Orten, hält die EU tausende Menschen unter unwürdigen Bedingungen gefangen. Social Distancing? Unmöglich. Desinfektion und Hand-Hygiene? Über 1000 Menschen müssen sich einen Wasserhahn teilen. Offensichtlich, dass die Menschen aufgrund dieser Bedingungen einer Infektionskrankheit wie COVID-19 schutzlos ausgeliefert sind.
Wir wollen schnell helfen, doch an große Stückzahlen von Masken zu kommen ist zu diesem Zeitpunkt schwierig bis unmöglich. Nach einem Instagram-Post von Fynn Kliemann wenden wir uns an die angegebene Emailadresse maske@fynn-kliemann.de, und Tom Illbruck von der Firma Global Tactics antwortet uns, bietet Hilfe an: Wir können fair in Europa hergestellte Masken bekommen – zum Produktionspreis. Weil geholfen werden soll, ohne Profit zu machen.
Über 20.000 Masken kaufen wir von Global Tactics, die dann mit Hilfe lokaler Organisationen auf den griechischen Inseln verteilt wurden. Sowohl Fynn Kliemann als auch Tom Illbruck werden nicht müde, ihren Altruismus zu betonen. Auch unser Name fällt dabei in Interviews, auf Social Media.
Mai 2022. Das Team des ZDF Magazin Royale recherchiert: Die angeblich fair von Global Tactics in Europa produzierten Masken kommen zumindest teilweise aus Bangladesh und Vietnam, tausende an Geflüchtete gespendete Masken waren mangelhaft, und vieles mehr. Die Produktionskosten pro Maske benennt Tom Illbruck je nach Herkunftsland jetzt mit 40 Cent bis 53,5 Cent – Damals in Rechnung gestellt wurden uns allerdings 93 Cent pro Maske, vor Steuern. Ein klarer Bruch unserer Absprachen, die Masken zum Produktionspreis zu bekommen, keinen Profit mit der Not anderer machen zu wollen. Fair zu sein, auch in der Produktion.
Wie viele andere merken wir jetzt, dass wir getäuscht wurden. Das macht uns wütend, ohne Frage. Die Leidtragenden dieser Shitshow sind aber nicht wir. Es sind die Menschen in den Lagern, die mangelhafte Masken erhielten. Und es sind die Menschen, die diese Masken unter unwürdigen Arbeitsbedingungen produzieren mussten. Auf deren Rücken Kliemann und Illbruck Profite gemacht haben. Deren Elend sie genutzt haben, um Verkauf anzukurbeln und sich öffentlich für ihren Altruismus feiern zu lassen. Um Millionen mit dem Vertrieb ihrer Masken einzunehmen.
Was jetzt passieren muss: Zum einen müssen Kliemann und Illbruck absolute Transparenz über ihre Geschäftspraktiken herstellen. Zum anderen müssen beide die Profite aus den Maskenverkäufen den Betroffenen zukommen lassen, aus deren Notsituation Kliemann und Illbruck diese Profite geschlagen haben – während sie ständig betonten, genau das nicht zu tun.
Wir fordern Fynn Kliemann und Tom Illbruck deshalb dazu auf, ihre gesamten Gewinne zu gleichen Teilen an Organisationen, die für bessere Produktionsbedingungen in Ländern wie Bangladesh kämpfen, sowie an die Safe Passage Foundation zu spenden, die schnell und unbürokratisch Projekte von und für Menschen auf der Flucht in Griechenland und darüber hinaus fördert – damit das Geld wirklich bei denjenigen landet, auf deren Rücken Profit gemacht wurde.
Rechtliche Schritte behalten wir uns vor.