Nach einer Beschwerde von Überlebenden und Besatzungsmitgliedern des Rettungsschiffs Sea-Watch 3 hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) eine Grundrechtsverletzung festgestellt und eine einstweilige Maßnahme verfügt. Am 11. Tag der rechtswidrigen Blockade vor Siracusa, Italien, erkennt Sea-Watch das Urteil an, muss aber darauf bestehen: Einstweilige Maßnahmen reichen nicht, was es braucht, ist eine Lösung.
Der EGMR forderte die italienische Regierung auf, „so bald wie möglich alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um allen Antragstellern eine angemessene medizinische Versorgung, Nahrung, Wasser und Grundversorgung zu gewährleisten. Was die 15 unbegleiteten Minderjährigen betrifft, so wird die Regierung aufgefordert, angemessene Rechtshilfe (z.B. gesetzliche Vormundschaft) zu leisten.“
Die Sea-Watch 3, das letzte verbliebene zivile Rettungsschiff im zentralen Mittelmeer, hatte am 19.01.2019 vor der Küste Libyens 47 Menschen von einem Schlauchboot gerettet. Seitdem hatten die italienischen Behörden Schiff und Geretteten den obligatorischen sicheren Hafen verweigert. Die Gesundheits- und Sicherheitslage auf dem Schiff verschlechtert sich kontinuierlich
„Die Hoffnung nach der Rettung ist totaler Depression und Verzweiflung gewichen“, sagt Dr. Frank Dörner, Schiffsarzt der Sea-Watch 3. „Einige Menschen haben aufgehört zu essen, haben sich völlig in sich selbst zurückgezogen, andere werden emotional instabil. Wir mussten für einige auf den Einsatz von Beruhigungsmitteln zurückgreifen, können dies aber nur unzureichend hier an Bord behandeln. Einige Menschen sind so traumatisiert und depressiv, dass wir suizidale Tendenzen fürchten – wir wissen nicht, wie lange wir noch in der Lage sind, die Situation zu bewältigen. Die psycho-physiologische Situation der Menschen ist an den Ort gebunden, an dem sie festsitzen und dem sie nicht entkommen können. Die vorläufigen Maßnahmen sind ausgeschöpft, wir brauchen einen sicheren Hafen.“
„Wir begrüßen die Entscheidung aus Straßburg, da sie zeigt, dass das Gericht eine Verletzung grundlegender Rechte durch die Blockade der Sea-Watch 3 feststellt„, sagt Johannes Bayer, Vorsitzender von Sea-Watch. „Aber das ist nicht genug: Der EGMR verlangt Brot und Wasser. Wir verlangen das Ende dieser politischen Geiselnahme.”