Die “Sea-Watch“ musste ihren 4. Einsatz leider vorzeitig abbrechen.
Am 05.08.2015 vormittags kamen wir im Einsatzgebiet an und sind parallel zur Libyschen Küste Patroullie gefahren. Alle Ausgucke waren rund um die Uhr mit zwei bis vier Personen besetzt. Die gesamte Mannschaft ist dabei stets mit größter Aufmerksamkeit und diszipliniert Wache gegangen. Es gab weder Sichtungen, noch Anweisungen von MRCC Rom.
Am 06.08.2015 gegen 13:15 Uhr kam die Meldung vom Maschinisten, dass das Getriebe der Hauptmaschine Schleifgeräusche macht. Die Maschine wurde abgestellt und danach in verschiedenen Drehmomenten wieder angefahren. Die Geräusche ließen auf einen ernsten Getriebeschaden schließen, so dass ich als Kapitän um 14.15 Uhr die Aktionsfahrt abbrach und Kurs auf Lampedusa setzen ließ. Das Schiff war ab diesem Moment nicht mehr zur Aufgabenerfüllung im Suchgebiet einsatzfähig und muss zur Reparatur in die Werft. Seither läuft die “Sea-Watch“ mit ca. 5.5 kn den Heimathafen an und die Mannschaft hat sich auf den Ausfall der Hauptmaschine und Feuer im Schiff bei Hafeneinfahrt vorbereitet. Gleichzeitig wurden schon die erforderlichen Ersatzteile ausgemacht und angefordert bzw. vom Land-Team aus ein Werfttermin geklärt.
Die Stimmung ist ruhig und gefasst. Aber wir sind alle sehr traurig. Insbesondere als heute Morgen gegen 09:15 Uhr eine Hilfsanfrage von MRCC Rom für unser Suchgebiet an uns gestellt wurde. Uns allen ist bewusst, dass heute Menschen in dem Gebiet in Seenot geraten sind, in dem wir noch gestern hätten Hilfe leisten können. Allen steht die Frage nach dem „Warum?“ ins Gesicht geschrieben. Ich als Kapitän denke, dass wir nichts hätten besser machen können. Wir haben unser Bestes gegeben und leider hat uns dieser technische Ausfall von der Aufgabenerfüllung bzw. Hilfeleistung abgehalten.
Technische Schäden auf See können immer eintreten. Auch bei sehr viel moderneren Schiffen kommt so etwas vor. In unserem Fall wurden mit dem schon sehr betagten Schiff in kurzer Zeit ca. 700 Menschenleben gerettet. Das bedeutet, dass das Einsatzkonzept für die “Sea-Watch“ schlüssig und richtig ist. Es fehlt allerdings derzeit noch aus finanziellen Gründen an einem leistungsfähigerem Schiff und mehr Ausrüstung, um länger im Operationsgebiet bleiben zu können. Das wird die spannende Aufgabenstellung für die nächste Zeit sein.
Beste Skipper-Grüße, Dirk (=Skipper dieses Törns)
Wir danken Dirk und seinem ganzen Team für ihren Einsatz, ihren Mut und Zuversicht – und die erklärenden Worte.