Da ihnen bereits seit 7 Tagen ein sicherer Hafen verweigert wird, befinden sich die 43 von der Sea-Watch 3 geretteten Personen immer noch an Bord des Schiffes. Sea-Watch ruft daher europäische Entscheidungsträger*innen auf, eine Anlandung umgehend zu ermöglichen. Diese unhaltbare Situation darf sich am Weltflüchtlingstag nicht fortsetzen. Die Lösung wäre da, mehr als 60 Städte haben die Bereitschaft erklärt Menschen aufzunehmen.
Am 12. Juni hat die Sea-Watch 3 53 Menschen, unter ihnen 9 Frauen, 39 Männer, 2 Kleinkinder und 3 unbegleitete Minderjährige, gerettet. Das seeuntaugliche Schlauchboot befand sich in internationalen Gewässern, etwa 47 Seemeilen vor Zawiya, Libyen.
Später am Tag hatte die sogenannte libysche Küstenwache in einem beispiellosen Versuch, Sea-Watch zu Komplizen schwerer Menschenrechtsverletzungen zu machen, Tripolis als sicheren Hafen benannt und das Schiff aufgefordert, die Überlebenden illegal nach Libyen zurückzubringen. Der italienische Innenminister Matteo Salvini forderte Sea-Watch mit aller Ernsthaftigkeit auf, den libyschen Anweisungen Folge zu leisten.
„Libyen, wo Flüchtenden illegale Haft, Vergewaltigung, Folter und Sklaverei drohen, ist kein sicherer Hafen„, sagt Carola Rackete, Kapitänin der Sea-Watch 3. „Wir mussten die Aufforderung, Völkerrecht zu brechen, zurückweisen und nach Norden in Richtung Lampedusa fahren, dem der Rettung nächstgelegen sicheren Hafen.“ Am 15. Juni erreichte das Schiff die Grenze zu italienischen Territorialgewässern.
Bereits am 14. Juni trat ein von Innenminister Salvini eingebrachtes neues, populistisches Gesetz in Kraft, das die Anlandung geretteter Menschen durch zivile Rettungsorganisationen kriminalisiert. Kapitän*innen und Schiffseigner*innen drohen jetzt bis zu 50.000€ Strafe, wenn sie ohne Erlaubnis in italienische Gewässer einfahren. Das Gesetz erweitert zudem massiv den Rahmen möglicher Polizeimaßnahmen.
„Dies ist ein weiterer Schritt der Kriminalisierung der Pflicht zur Seenotrettung, und die EU schaut schweigend zu„, sagt Philipp Hahn, Einsatzleiter auf der Sea-Watch 3. „Es ist unfassbar, dass Italien uns mit Strafen von bis zu 50.000 € für die Rettung von Menschenleben droht, und ein klarer Verstoß gegen internationales Recht und die Menschenrechte. Was kommt als nächstes, müssen Rettungskräfte eine Strafe fürchten, wenn sie mit dem Krankenwagen Patienten ins Krankenhaus bringen?“
Nach einer medizinischen Evaluation am 15. Juni beschloss die Italienische Küstenwache, fünf besonders schutzbedürftige Personen und fünf Begleitpersonen in Italien anzulanden. Dennoch bleibt die Situation extrem angespannt. “Viele der Geretteten müssen medizinisch versorgt werden, viele sind aufgrund von Seekrankheit dehydriert. Die Anlandung eines Teils der Gruppe hat auch einen starken psychologischen Effekt auf die an Bord Verbliebenen. Alle diese Menschen brauchen einen sicheren Hafen und sie brauchen ihn jetzt.”, sagt Verena Wurz, Medizinerin auf der Sea-Watch 3.
In der Zwischenzeit haben sich mehr als 60 Städte und Kommunen in Europa als Teil der Seebrücke-Bewegung zu “sicheren Häfen”, und damit solidarisch mit Flüchtenden und der Seenotrettung erklärt. Sie sind bereit, mehr Menschen aufzunehmen als es Verteilungsquoten vorgeben. “Während sich die EU wegduckt, übernimmt die Zivilgesellschaft Verantwortung. Das Angebot, die Menschen aufzunehmen ist vorhanden, die Lösung liegt auf dem Tisch. Es ist an der EU und der deutschen Bundesregierung, dies jetzt zu ermöglichen, und an Italien, diese 43 Menschen jetzt sicher an Land zu lassen. Große Worte zum Weltflüchtlingstag helfen niemandem, was wir brauchen sind Taten.”, sagt Kapitänin Rackete.