Gestern hat sich wieder einmal gezeigt, dass Seenotrettung alleine nicht die Lösung für die von der EU verursachte humanitäre Katastrophe auf dem Mittelmeer sein kann. Obwohl wir auch diesmal mehrere hundert Menschen unter anderem aus einem sinkenden Schlauchboot vor dem Tod retten konnten, müssen wir zahlreiche Opfer beklagen. Eingeschlossen unter Deck eines maßlos überladenen Fischerbootes, hatten 15 Menschen keine Chance mehr, den giftigen Abgasen der Maschine zu entkommen. Sie mussten sterben, weil es keinen sicheren Weg nach Europa für sie gab. Unser Kapitän Reinhard zu den Geschehnissen des gestrigen Tages:
„Mein Tag heute…oder ein Tag wie jeder andere auch. Wieder legt sich Ruhe über das Meer des Sterbens. In dem großen Boot, mit über 500 Menschen an Bord, welches wir mit der Marine zusammen abgeborgen haben , wurden unten im Rumpf 15 Leichen gefunden.Alle qualvoll erstickt. Was müssen die Menschen noch alles erleiden.Die Bergung der Toten hat die Marine übernommen. Wir waren alle dankbar. Auch die 200 Menschen , die wir bei uns an Bord genommen haben. Einige nigerianische Frauen sangen und tanzten am Nachmittag ihrer Rettung auf unserem Achterdeck. So liegt Tod und die Freude am Weiterleben eng beieinander. Und das ist eine wunderbare Erfahrung. Ich möchte zurzeit an keinem anderen Ort der Erde sein, als auf diesem Schiff. Jetzt sind sie alle auf dem Weg in eine zweifelhafte Freiheit. Wieder geht ein wunderschöner Vollmond auf. Das Grablicht für alle, die es nicht geschafft haben heute. Das Meer glitzert so friedlich. Morgen früh um drei kehrt die Hölle zurück.“
photo: Ruben Neugebauer / jib Collective