Drei Jugendliche, die sich selbst und 105 weitere Flüchtende auf hoher See vor der illegalen Rückführung nach Libyen bewahrt hatten, wurden gestern, nach acht Monaten Inhaftierung auf Kaution freigelassen. Die #ElHiblu3 (16, 17 und 19 Jahre alt) sind wegen Terrorismus angeklagt, weil sie die Crew, des Tankers der sie rettete, überzeugt hatten nach Malta zu fahren. Ihre Kaution wird vom deutschen Stiftungsfonds Zivile Seenotrettung bereitgestellt.
“Wir haben mit diesem Geld die Möglichkeit schnell und unkompliziert dort anzusetzen, wo andere Mittel fehlen. Wenn Menschen, noch dazu Minderjährige, vor Gericht gezerrt werden, weil sie für ihre Rechte und die Anderer einstehen, die von der EU regelmäßig mit Füßen getreten werden, können wir schnell und zielgerichtet unterstützen”, sagt Lea Reisner von Solidarity at Sea, Mitglied des Gremiums Stiftungsfonds Zivile Seenotrettung.
Am 26. März 2019 hatte der türkische Tanker El Hiblu 1, in internationalen Gewässern nördlich der libyschen Küste, 108 Migrant*innen von einem in Seenot geratenen Schlauchboot gerettet und war daraufhin Richtung Tripoli gefahren. Kurz vor der Küste war das Schiff umgekehrt und nahm Kurs auf Malta. Der Kapitän behauptete er sei bedroht worden, die Geretteten sagen, als die Küste Libyens erschien, sei Panik ausgebrochen. Sicher ist: Niemand wurde verletzt, aber 108 Menschen in Sicherheit gebracht. Den drei Jugendlichen, die mit an Bord waren, wird nun in Malta unter anderem Terrorismus zur Last gelegt. Bereits im Mai hatte auch das UN-Büro für Menschenrechte Malta aufgefordert, diese Hauptanklagepunkte fallen zu lassen.
Nachdem vorangegangene Verhandlungstermine mehrfach verschoben wurden, wurde auch die Entscheidung über die Freilassung erst 4 Tage nach Vorlage aller Informationen getroffen. Die Inhaftierung der #ElHiblu3 Ende März 2019 wird damit nach 237 Tagen beendet. Trotzdem müssen sie nun jeden Tag auf der Polizeiwache erscheinen und mindestens 50 Meter Abstand zu Hafen, Ufer und Flughafen halten. “Dass Jugendliche über ein halbes Jahr ohne Verurteilung für friedliche Notwehr hinter Gittern sitzen, ist ein Skandal. Malta präsentiert sich einmal mehr als rabiater Vorposten des Europäischen Grenzregimes.”, sagt Alina Krobok von Sea-Watch. Auch wenn die #ElHiblu3 nun nicht mehr in Gefängniszellen sitzen, drohen ihnen bei einer Verurteilung im schlimmsten Fall lebenslange Haft.
“Natürlich freuen wir uns, dass sie jetzt erstmal frei sind, aber jetzt muss die Anklage fallen gelassen werden. Selbst wenn die Vorwürfe stimmen, dann hätten sie 105 Menschen vor der Verschleppung in ein Bürgerkriegsland bewahrt, in dem ihnen Folter, Vergewaltigung und Tod gedroht hätten – und das mit friedlichen Mitteln. Anstatt monatelang in Haft zu sitzen, sollten sie einen Preis kriegen.” sagt Ruben Neugebauer, Sprecher von Sea-Watch.
Zusammen mit 16 weiteren Organisationen hat Sea-Watch ein Statement mit der Forderung zur Freilassung der drei Heranwachsenden verfasst. Das Statement gibt es hier