Die ultrarechte italienische Regierung unter Giorgia Meloni geht weiterhin hart gegen zivile Seenotrettung vor. Am heutigen 4. Dezember 2024 hat der italienische Senat eine Gesetzesänderung beschlossen, die zivile Rettungsschiffe viel schneller als bisher blockieren und beschlagnahmen wird. Darüber hinaus schafft die Gesetzesänderung den verfassungsrechtlichen Grundsatz der persönlichen Verantwortung für verwaltungs- oder strafrechtliche Anklagen ab. Die Gesetzesänderung kommt nur wenige Wochen, nachdem die Seenotrettungsorganisation Sea-Watch Klage wegen fahrlässiger Tötung auf See gegen italienische Behörden eingereicht hat.
Die zivile Rettungsorganisation Sea-Watch kritisiert die neuen Änderungen des umstrittenen Piantedosi-Gesetzes scharf. Das Piantedosi-Gesetz sieht vor, dass Rettungsorganisationen mit einer bis zu 60-tägigen Schiffsblockade belegt werden, wenn Schiffsbesatzungen beschuldigt werden, Anweisungen der italienischen Behörden nicht befolgt zu haben – selbst wenn diese Anweisungen gegen internationales Recht verstoßen. Dies ist unter anderem der Fall, wenn Rettungsschiffe nach einer Rettung in einen Hafen beordert werden und ihnen verboten wird, andere, nahe Boote in Seenot zu retten. Italienische Behörden zwingen Schiffsbesatzungen somit, ihre Pflicht zur Hilfeleistung zu verletzen. Gemäß dem Piantedosi-Gesetz werden Schiffe nach mehrmaliger Festsetzung beschlagnahmt.
Die neuen Änderungen machen die vermeintlichen Verstöße nicht mehr nur vom Kapitän des Schiffes abhängig. Ab heute wird ein wiederholter Verstoß festgestellt, wenn dasselbe Schiff gegen das Gesetz verstößt und der Kapitän oder Eigner des Schiffes bereits innerhalb der letzten fünf Jahre wegen eines früheren Verstoßes für schuldig befunden wurde. Dies bedeutet, dass nun auch der Schiffseigner oder -betreiber haftbar gemacht wird. Die Änderung hebelt damit die verfassungsrechtliche Anforderung, dass straf- oder verwaltungsrechtliche Sanktionen dem Grundsatz der persönlichen Verantwortung unterliegen, im Mittelmeerraum aus.
In den letzten zwei Jahren wurden Seenotrettungsschiffe regelmäßig blockiert. In 2023 wurden acht zivile Schiffe insgesamt elf Mal von italienischen Behörden festgehalten. Die neue Gesetzesänderung wird nun dazu führen, dass die Schiffe nach kürzerer Zeit final beschlagnahmt werden. Das isteine fundamentale Bedrohung für die zivile Seenotrettung. Denn ohne Schiffe kann es keine Rettung geben.
Die Gesetzesänderung kommt nur wenige Wochen, nachdem Sea-Watch Strafanzeige gegen italienische Behörden wegen fahrlässiger Tötung auf See gestellt hat. Am 2. September 2024 kenterte ein seeuntüchtiges Boot mit 28 Menschen an Bord. Das Boot war schon Stunden vor dem Unglück vom Sea-Watch-Flugzeug Seabird gesehen worden. Die italienischen Behörden wurden durch Seabird informiert, handelten jedoch erst zwei Tage später. 21 Menschen ertranken.
Sea-Watch-Sprecherin Giulia Messmer kommentiert: „Auf See sind zivile Rettungsschiffe die letzte Bastion gegen staatliche Gewalt. Die neuen Gesetzesänderungen sind ein getarntes Todesurteil. Wir werden nicht aufgeben, Italien kann die Wahrheit über seine Verbrechen nicht vertuschen.“