Das ist Doro und er ist wunderschön. Glaubt mir, wenn ich es sage: Er ist wunderschön. Seine innere Kraft flößt Demut ein und leuchtet durch all das hindurch, was das Auge sieht. Heute wird er wie eine Geisel auf dem Meer festgehalten. An Bord der Sea-Watch 3, die außerhalb Siziliens gestrandet ist und weder anlanden noch wegfahren darf. Doro ist freundlich, großzügig, nachdenklich und sanft. Seine Geschichte allerdings sollte uns allen kalte Schauer über den Rücken jagen. Denn Doro hat mehr für seine Träume gelitten, als ich es je beschreiben könnte. Seine Geschichte ist nicht ungewöhnlich, aber sie ist überzeugend. Sie ist ein echtes und lebhaftes Zeugnis dafür, dass kein Mensch nach Libyen zurückgebracht werden sollte.
In Libyen nannten sie ihn Mo. Mo bedeutet Helfer in der Sprache Soninke-Sprache. Doro spricht 7 Sprachen, darunter Französisch, Englisch und Arabisch. Er ist ein Mann der bescheiden das Geschirr spült, damit die Crew es nicht machen muss.
Wenn die Leute sagen, dass wir sie „zurückbringen“ sollen, dann denke ich an Leute wie Doro. Und ich sehe durch diese leeren Worte, die sich in den Kommentaren jedes Artikels finden, der über humanitäre Hilfe geschrieben wird. Und ich höre Doro mir sagen: „Gib ihnen nicht die Schuld. Sie haben noch nie so gelitten. Sie wissen nicht, was sie meinen.“
Doro ist ein sanfter Riese, der mich ständig inspiriert und es schmerzt mich seine Geschichte zu erzählen. Denn ich kenne diesen Mann, der gelitten hat, ohne etwas Falsches zu tun. Noch heute wird ihm seine Freiheit verweigert. Es ist eine Ungerechtigkeit, die ich einfach nicht verstehen kann. Doro hat darum gebeten, dass seine Geschichte geteilt wird, damit andere nicht so leiden wie er. Dies ist nur ein Schnappschuss davon…
In Libyen wurde Doro gnadenlos gefoltert. Sie hingen ihn an den Händen auf und schnitten ihm ins Gesicht, während sie seine Mutter per Video-Call anriefen und Lösegeld forderten. Seine Folter wurde viele Male wiederholt, sein Gesicht mit einem Kalaschnikow-Gewehr eingeschlagen wodurch er das Augenlicht auf einer Seite verlor. Er wurde in den Bauch gestochen und immer und immer wieder geschlagen. Seine Narben sind sehr real.
Am Anfang, sagt er, war er stark. Sie drückten Zigaretten auf seiner Brust aus, aber er schrie nicht vor Schmerzen. Ihre Strafe verschärfte sich und er wurde gnadenlos geprügelt. Sie ließen ihn hungern, nahmen sein Geld, erpressten das Geld von seinen Eltern, die ihr Haus verkauften, damit er überleben konnte. Seine Mutter verkaufte ihr eigenes Haus, um für seine Freilassung zu bezahlen. Dann verkauften die Folterer ihn. Er war ein Sklave. Er wurde immer wieder verkauft, aber sein Licht leuchtet immer noch hell. Er ist ein Leuchtturm.
Im Gefängnis starb sein bester Freund direkt neben ihm. Er entkam und versuchte, nach Europa zu gelangen. Er wurde von der sogenannten Libyschen Küstenwache gefangen, zurückgebracht und wieder als Sklave verkauft. Er versuchte erneut sein Glück auf dem Meer. Wieder erwischt, wurde er ins Gefängnis zurückgebracht und erneut verkauft. Dreimal wurde er als Sklave gehandelt.
Das nächste Mal, als er es versuchte, schaffte er es bis er ein Schnellboot kommen hörte. Er hörte wie es durch die Wellen schlug, als es näher kam. Er wusste, dass es die „Küstenwache“ war und er wollte sich schon ins Meer schmeißen. Dann hörte er eine Stimme: „Du bist jetzt in Sicherheit“. Er sagte, dass er zu dem Zeitpunkt wusste, dass es nicht die Libyer waren. Die würden nie sagen, dass er sicher sei.
Jetzt ist er auf der Sea-Watch 3. Eine Geisel der italienischen Behörden, die sich weigern das Schiff an Land zu lassen. Es ist blanker Hohn, sich vorzustellen, dass niemand dieser sanften Seele helfen will. Ich hoffte, wir wären besser als das.
Ich werde mit der Zeit mehr von Doro erzählen. Seine Geschichte, sein Kampf ist unfassbar – aber leider nicht einzigartig. Was jedoch einzigartig ist, ist sein Eifer das zu teilen was mit ihm passiert ist. Er würde anderen davon abraten, es zu versuchen. Er wünscht sich, dass er es nie hätte tun müssen.
Doro mein Freund. Ich hoffe, dass Europa dich willkommen heißt. Ich hoffe, dass Güte durch die Menschen Europas fließen möge und dich auf diesem Schiff erreichen. Und dass sie dich, wenn du an Land kommst, leben und lieben lassen, als den sanftmütigen Menschen, den ich zu verehren gelernt habe.
– Brendan (Sea-Watch 3 Rettungsteam)