als Vertreter*innen der privaten Hilfsorganisationen Sea-Watch und Jugend Rettet, die humanitäre Nothilfe im Mittelmeer betreiben, wenden wir uns mit diesem offenen Brief direkt an Sie. Sowohl Sie als auch wir sind in dem Einsatzgebiet aktiv und müssen daher eine Form finden, in Notsituationen zusammenzuarbeiten. Darum suchen wir das Gespräch mit Ihnen.
Am 27. Februar 2017 haben Sie im Interview mit der Zeitung Die Welt wiederholt Bedenken bezüglich unserer Rettungsaktionen geäußert. Als Direktor der europäischen Grenzschutzagentur Frontex tragen Sie mit solchen Aussagen maßgeblich dazu bei unsere lebensrettende Arbeit zu kriminalisieren.
Anstatt unsere Energie ausschließlich dafür einzusetzen, dass das Sterben im Mittelmeer ein Ende nimmt, müssen wir uns mit dem Bild herumschlagen, das Sie durch haltlose Anschuldigungen in der Öffentlichkeit konstruieren. Lassen Sie uns in diesem Zusammenhang klarstellen: Wir sind vor Ort aktiv, weil die EU nicht in der Lage ist, eigene umfassende Seenotrettungsprogramme zu stellen. Ca. 30.000 offiziell gezählte Tote seit dem Jahr 2000 sprechen eine klare Sprache für das Versagen eines ganzen Staatenbundes.
Statt an uns persönlich heranzutreten, wurden Ihre Anschuldigungen nur über die Presse kommuniziert. Sie haben nie benannt was und wen Sie genau meinen, wenn Sie beispielsweise behaupten „Hilfsorganisationen (würden) nicht gut mit den Sicherheitsbehörden zusammenarbeiten.“
Was wirklich schlecht funktioniert, ist gegenwärtig die Zusammenarbeit mit staatlichen Akteuren im Einsatzgebiet. Am vergangenen Osterwochenende haben alle im Einsatzgebiet befindlichen SAR Organisationen über ihre Belastungsgrenzen hinaus für die Rettung tausender Menschen gearbeitet. Von Ihrer Grenzschutzagentur war nur ein einziges Schiff, die norwegische Siem Pilot, an Rettungen beteiligt, obwohl Sie aktuell 11 Schiffe im zentralen Mittelmeer betreiben. Mehrere private Rettungsschiffe haben ein Mayday gesendet, das auch Ihre Schiffe per Funk erreicht haben muss. Trotzdem blieb jegliche Hilfe aus. Wir sehen hinsichtlich dieser Ereignisse dringenden Gesprächsbedarf.
Die letzte Möglichkeit zu einem persönlichen Gespräch im Europaparlament am 28. März 2017 in Brüssel, wurde kurzfristig von Ihrem Human Rights Officer ohne nachvollziehbare Begründung abgesagt. Solche Absagen sind leider nun schon zum wiederholten Male vorgekommen.
Deswegen laden wir Sie herzlich zu einem Gespräch mit Sea Watch und Jugend Rettet am 12.05.17 in Berlin ein. Ablauf wäre wie folgt:
14:00 – 14:30 Uhr Kaffee und erstes Kennenlernen
14:30 – 16:00 Uhr Impulsvorträge: SAR im Mittelmeer. Die privaten Initiativen stellen sich vor.
16:00 – 17.30 Uhr Klärung erhobener Anschuldigungen durch Frontex
17:30 – 18.30 Uhr Gemeinsame Aussprache
18:30 – 20:00 Uhr Workshop: Verbesserung der Seenotrettung im Mittelmeer
Im Einsatzgebiet müssen alle Akteure so gut es geht zusammenarbeiten. Mit dieser Absicht suchen wir das Gespräch mit Ihnen. Denn schlussendlich geht es darum, den Menschen zu helfen, die sich vor Ort in akuter Lebensgefahr befinden. Dafür braucht es eine gemeinsame Lösung mit ihren Einheiten vor Ort für kommende Notsituationen. Die Maydays des Osterwochenendes dürfen sich nicht wiederholen.
Mit freundlichen Grüßen,
Jugend Rettet
Sea-Watch