Sea-Watch erlebte am gestrigen Tag eine Ausnahmesituation. „Wir sind bis an unsere Grenzen ausgelastet“, sagt Julian Köberer, Leiter der aktuellen Mission von Sea-Watch. Trotz des Winters machen sich unverändert viele Menschen auf die gefährliche Überfahrt nach Europa. Da aktuell nur drei Organisationen für die Rettung aktiv sind, müssen diese sich um mehr Schiffbrüchige kümmern. “Wenn wir noch mehr Leute aufnehmen müssen, gefährden wir die Stabilität unseres Schiffes“, schildert Köberer die Situation.
Das Boot ist tatsächlich voll: Sea-Watch gerät an seine Grenzen. Foto: Marcus WiechmannDie Crew der Sea-Watch 3 rettete 165 Menschen von einem einzigen Boot, alle anderen 265 Gäste wurden von der spanischen Organisation „Proactiva Open Arms“ übernommen. Die Rettung von Sea-Watch erfolgte 80 nautische Meilen nördlich des libyschen Al Khums, deutlich weiter von der Küste entfernt als gewöhnlich.
Anfang der Woche rügten die Juror*innen der Gesellschaft für deutsche Sprache den Begriff „Shuttle Service“ im Zusammenhang mit Seenotrettungseinsätzen von Hilfsorganisationen. Der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Stephan Mayer, hatte den Begriff benutzt, der nach Auffassung der Sprachkritiker „stellvertretend für Tendenzen im öffentlichen Sprachgebrauch steht, die Grenzen des Sagbaren in eine menschenverachtende, polemisch-zynische Richtung zu verschieben“.
Sea-Watch Gründungsmitglied Frank Dörner hält diese Einschätzung für gerechtfertigt: „Die Menschen fliehen vor der Gewalt in Libyen – egal, ob sie direkt an der libyschen Küste, mitten auf dem Mittelmeer oder gar nicht gerettet werden.“
Er sagt weiter: „Dass sie es mit 165 Leuten auf einem Schlauchboot so weit aufs offene Meer hinausgeschafft haben, ohne zu kentern, ist ein Wunder. Dass wir sie mitten in der Nacht rechtzeitig gefunden haben, ist das zweite Wunder.“