Unmittelbar nach dem ersten Einsatz und der Rettung von 85 Menschen erteilte die britische Agentur für See- und Küstenwache dem Schiff ein Auslaufverbot. Sea-Watch betreibt die als Rettungsboot zertifizierte Aurora gemeinsam mit der Non-Profit-Organisation Search and Rescue Relief (SARR) aus Großbritannien, wo das Schiff zuvor im Auftrag des Verkehrsministeriums jahrelang seinen lebensrettenden Dienst leistete.
Am 29. Mai dieses Jahres konnte die Crew der Aurora 85 Menschen aus Seenot retten und einen Tag später sicher in Lampedusa (Italien) an Land bringen. Am darauffolgenden 31. Mai erteilte die britische Agentur für See- und Küstenwache MCA (Maritime and Coastguard Agency) dem Schiff ein Auslaufverbot.
Die Aurora wurde als Rettungsboot gebaut und war bis 2019 Teil der Flotte der britische Seenotrettungsorganisation Royal National Lifeboat Institution (RNLI), die dem Ministerium für Verkehr unterstellt ist. Die Aurora wurde speziell an den Einsatz im Mittelmeer angepasst und von der Agentur für See- und Küstenwache (MCA) in ihrem Flaggenstaat, dem Vereinigten Königreich, als Rettungsboot klassifiziert.
Als Hauptgrund für das Festhalten des Rettungsschiffs behauptet die MCAfälschlicherweise, der Geltungsbereich der Schiffszertifizierung sei auf Großbritannien begrenzt. Der sogenannte Rescue Boat Code, unter dem das Schiff zertifiziert wurde, beschränkt den Einsatz von Schiffen im Ausland jedoch nicht.
Die MCA besteht zudem auf einer formellen Vereinbarung zwischen Search and Rescue Relief (SARR) und der italienischen Küstenwache als koordinierender Behörde. SARR und Sea-Watch sind offen für eine Zusammenarbeit, die möglichst effektiv Leben rettet, und würden begrüßen, wenn die italienischen Behörden wieder aktiver an der Koordinierung von SAR-Aktivitäten mitwirken würden. Eine gesetzliche Vorschrift gibt es für eine solche formelle Vereinbarung jedoch nicht.
Gemeinsam mit Sea-Watch wird SARR deshalb alle rechtlichen Mittel prüfen und sich juristisch gegen die unrechtmäßige Festsetzung des Schiffs zur Wehr setzen.
„Menschen sind ertrunken, während unser Schiff – ein Rettungsschiff, das zuvor jahrelang im Auftrag des britischen Verkehrsministeriums eingesetzt wurde – im Hafen blockiert ist. Diese politisch motivierte Blockade ziviler Rettung wird weitere Tote zu verantworten haben“, sagt Hannah Wallace-Bowman, Search & Rescue Koordinatorin bei Sea-Watch.
„Ich bin sehr frustriert und besorgt, dass die Aurora von den Behörden des Landes blockiert wird, in dem sie so viele Jahre ihren lebensrettenden Dienst geleistet hat. Die Aurora wurde für einen einzigen Zweck entwickelt und gebaut: Menschen in Not zu helfen. Das Schiff wurde von den britischen Behörden bis zu dem Zeitpunkt akzeptiert, bis es die erste Rettung durchführte“, sagt Dickon Mitchell, Vorstand der Organisation Search and Rescue Relief.