Stellungnahme der “Sea-Watch“ zur Beendigung der Von-Bord-Berichterstattung des Reporters Michael Hölzen
Die journalistische Begleitung unseres Vorhabens – selbstverständlich auch kritische Berichterstattung – sind Teil unseres Konzeptes. Wir stehen für das, was an Bord des Schiffes und im Rahmen unseres Projektes passiert, uneingeschränkt gerade. Nach wie vor befindet sich eine Journalistin an Bord, die – genau, wie es für Michael Hölzen der Fall war – Einblick in alle Vorgänge an Bord hat und die herzlich eingeladen ist, auch kritisch zu berichten. Wir halten an der Zusammenarbeit mit weiteren journalistischen Begleitern fest, darunter Produktionen der ARD, und bedauern sehr, dass es mit Michael Hölzen zu keiner Einigung mehr gekommen ist.
Das Projekt “Sea-Watch“ pflegt – im Vergleich zu ähnlichen humanitären Projekten – einen extrem offenen Umgang mit Journalisten. Auf einem kleinen Schiff wie der “Sea-Watch“, auf der es kaum Privatsphäre und Rückzugsmöglichkeiten für die Crew gibt, ist hier jedoch besondere journalistische Sorgfalt nötig, gerade in potenziellen Extremsituationen.
Im Rahmen der Einsatzvorbereitung und mit Beginn der Live-Berichterstattung auf See durch radioeins bzw. den rbb, suchte die Crew das Gespräch mit Michael Hölzen – um zu klären, wie im Rahmen des Einsatzes & der Berichterstattung sichergestellt werden kann, dass ein Mindestmaß an Privatsphäre für die Crew gewährleistet ist und die Möglichkeit besteht, sich innerhalb der Crew nötigenfalls auch mal auszutauschen, ohne permanent damit rechnen zu müssen, dass die Gesprächsinhalte direkt oder indirekt zitiert gesendet werden.
Dies ist ein völlig normaler und selbstverständlicher Vorgang im Rahmen einer Berichterstattung über humanitäre Hilfsprojekte, der dem Schutz der Crew dienen und keinesfalls kritische Berichterstattung über das Projekt unterbinden sollte. Ziel des Gespräches war es nie, Herrn Hölzen „vom Boot zu schicken“ oder zu verhindern, dass er „berichtet, was er sieht“.
Auslöser für das klärende Gespräch war nicht – wie es von Herrn Hölzen und dem rbb dargestellt wurde, ein kritischer Bericht über das Rollverhalten unseres Schiffes, die nautische Erfahrung der Crew, sowie eine angeblich defekte Satellitenanlage, sondern journalistische Ungenauigkeiten! Z.B. bei der Berufsbezeichnung von Teilen der medizinischen Crew. Diese Ungenauigkeiten ließen Sorge aufkommen, ob bei der Frequenz der Schaltung, wie sie für den Einsatz geplant war, bei gleichzeitiger Belastung der Journalisten durch den Einsatz selbst – die für Herrn Hölzen ohne Zweifel eine extreme Herausforderung darstellten – eine genaue Recherche der Fakten und eine reflektierte Einordnung der Geschehnisse in dem vorgegebenen Zeitrahmen überhaupt möglich sind.
Wir hätten dafür gerne eine einvernehmliche Lösung mit Michael Hölzen erarbeitet. Leider war hier – auch nach Einschätzung von Herrn Hölzen selbst – kein Konsens möglich, was wir zutiefst bedauern.
Bei unserer Rückkehr nach Deutschland freuen wir uns, eine ausgewogene Debatte über Journalismus in humanitären Hilfsprojekten zu führen und laden den rbb herzlich dazu ein, sich daran zu beteiligen.