Das Sea-Watch Schiff Aurora wurde nach einer ca. 37-stündigen Rettungsaktion, bei dem es die zivile Rettungsorganisation Open Arms unterstützte und selbst 72 Menschen aus Seenot rettete, von italienischen Behörden festgenommen. Sea-Watch prangert die fingierten Gründe für die Festnahme des Schiffes an. Obwohl sich die Situation an Bord nach der Rettung von Minute zu Minute verschlechterte – eine Person wurde aufgrund der extremen Hitze sogar bewusstlos aufgefunden – wies die italienische Rettungsleitstelle Trapani als sicheren Hafen zu, für die Aurora unerreichbar und viel weiter entfernt wie Lampedusa. Allein in diesem Jahr sind mehr als 2200 Menschen im Mittelmeer ertrunken.
Nachdem sie am 18. August zunächst bei einer Rettungsaktion der Organisation Open Arms geholfen hatte, rettete die Besatzung der Aurora selbst 72 Menschen aus Seenot. Aufgrund der Länge der Rettungsaktion ging der Treibstoff der Aurora langsam zur Neige. Dennoch wiesen die italienischen Behörden dem Schiff wiederholt Trapani als sicheren Hafen zu. Nach internationalen Konventionen muss der nächstgelegene geeignete Hafen für die Anlandung von aus Seenot geretteten Personen zugewiesen werden. Lampedusa, das deutlich näher am Einsatzgebiet lag, wurde jedoch von der Rettungsleitstelle ausdrücklich ausgeschlossen.
Trotz mehr als 24 Stunden auf See und einer unerbittlich brennenden Sonne, die die Temperatur an Bord auf über 46 Grad ansteigen ließ, beharrten die italienischen Behörden am Samstag, den 19. August weiterhin auf Trapani als zugewiesenem sicheren Hafen. Selbst als die Trinkwasservorräte zur Neige gingen, blieben Anfragen um die Zuweisung eines näheren Ortes erfolglos. Alle geretteten Personen waren akut von Dehydrierung bedroht, eine Person wurde bewusstlos aufgefunden. Dennoch wurde sogar eine medizinische Evakuierung verweigert, was die Sorglosigkeit der italienischen Behörden gegenüber der Gesundheit und dem Leben aller geretteten Personen aufzeigt. Insbesondere aufgrund des Treibstoffmangels und der Trinkwasserknappheit gab es für das Schiff keine andere Möglichkeit, als Lampedusa anzusteuern, da die Sicherheit der Gäste nicht mehr gewährleistet werden konnte.
Nachdem die Aurora das italienische MRCC wiederholt darauf hingewiesen hatte, dass Trapani faktisch unmöglich zu erreichen sei, forderte die Seenotrettungsleitstelle die Aurora dazu auf, einen Hafen in Tunesien anzufragen. Sea-Watch weist darauf hin, dass die Verbringung der Geretteten nach Tunesien gegen internationales Recht verstößt, da das Land nicht als sicherer Ort anerkannt werden kann. Tunesien ist weder ein sicheres Herkunftsland noch ein sicherer Hafen, wie Human Rights Watch ausführlich darlegt. Anstatt ihrer gesetzlichen Verantwortung nachzugehen, versuchen italienische Behörden jedoch aktiv ihre Pflichten zu abzuwälzen.
Aufgrund der extremen Situation an Bord erteilte die italienische Rettungsleitstelle der Aurora am Samstagnachmittag die Erlaubnis, in den Hafen von Lampedusa einzulaufen. Das Schiff wird nun jedoch auf der Grundlage des italienischen Regierungsdekrets zur Seenotrettung für 20 Tage festgesetzt, sowie eine Geldstrafe zwischen 2500 und 10000€ verhängt. Das Dekret zielt direkt auf zivile Seenotrettungsorganisationen ab und nennt explizit Schiffe, die systematisch oder nicht nur gelegentlich Such- und Rettungseinsätze durchführen als Geltungsrahmen. Die Sanktionen reichen dabei bis zur Beschlagnahmung des Schiffes.
Rebecca Berker, Einsatzleiterin, kommentiert: „Erschöpft von ihrer Flucht mussten alle geretteten Gäste unnötigerweise weitere 24 Stunden auf See ausharren. Italien hat das Leben aller Menschen auf der Aurora absichtlich in Gefahr gebracht und ist für die gesundheitlichen Folgen an Bord direkt verantwortlich. Wir hatten einfach keine andere Möglichkeit, als nach Lampedusa einzulaufen.“
Giulia Messmer, Sprecherin von Sea-Watch, ergänzt: „Europa erschafft eine Todesfalle an seinen Grenzen. Wir prangern Italiens grausames politisches Schachspiel an, das darauf abzielt, Migration und zivile Seenotrettung gewaltsam zu verhindern. Wir fordern die sofortige Freilassung der Aurora und ein Ende jeglicher Zusammenarbeit mit autoritären Regimen.
Nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) sind allein seit Anfang 2023 mehr als 2200 Menschen im Mittelmeer ertrunken, die höchste Anzahl an Toten seit 2017.