Die Sea-Watch 3 ist nach einem massiven Rettungseinsatz auf dem zentralen Mittelmeer mit 254 Geretteten an Bord unterwegs nach Italien. Unter den Geretteten befindet sich auch ein Baby, das gestern während eines Einsatzes der Crew von Mission Lifeline noch im Schlauchboot geboren wurde. Die Situation ist angespannt, da auch in den nächsten Tagen Abfahrten zu erwarten sind und kaum noch Rettungsschiffe vor Ort sind.
“Heute hat die zivile Rettungsflotte Tragödien verhindern können,” sagt Martin Taminiau, Einsatzleiter auf der Sea-Watch 3. “Der Mutter und dem Kind, das heute auf einem Schlauchboot geboren wurde, geht es gut. Unser medizinisches Team füttert das Baby, solange die Mutter zu schwach ist. Wir danken insbesondere der Crew der Lifeline, die die Rettung zunächst übernommen hatten, für die gute Zusammenarbeit.”
Die Sea-Watch 3 wird die Geretteten nun nach Italien in Sicherheit bringen. Sie kommen unter anderem aus Syrien, Afghanistan, Pakistan, Libyen, Eritrea oder Nigeria und haben teils mehrere Monate in libyschen Lagern ausgeharrt. Sea-Watch betrachtet die Situation im Einsatzgebiet mit Sorge, da aufgrund des anhaltend guten Wetters auch in den nächsten Tagen mit Abfahrten zu rechnen ist. Johannes Bayer, Mitglied im Vorstand von Sea-Watch: “Wir werden mit unserem Aufklärungsflugzeug Moonbird im Einsatz sein, um Boote zu finden. Allerdings sind nur noch wenige Rettungsschiffe im Einsatzgebiet. Genau wie wir ist ein Teil der zivilen Rettungsflotte auf dem Weg nach Italien, weil am Dienstag alle im Dauereinsatz waren. Jetzt ist es die Aufgabe der EU, Rettungsschiffe zu entsenden. Alles andere wäre unterlassene Hilfeleistung”.
Die vielen Seenotfälle diese Woche zeigen, wie kurzsichtig die Politik der Europäischen Union ist. “Es geht hier um Push- und nicht um Pullfaktoren”, so Bayer. In den vergangenen Wochen waren wieder deutlich mehr Boote von Libyen aus aufgebrochen, als noch im August. Keineswegs kann davon die Rede sein, dass die humanitäre Krise auf dem zentralen Mittelmeer gelöst sei. Zuletzt hatte die UN die Politik der Europäischen Union kritisiert, die auf Abschottung setzt und dafür mit der sogenannten Libyschen Küstenwache zusammenarbeitet, anstatt endlich Lösungen zu schaffen. “Was die zivile Rettungsflotte in dieser Woche geleistet hat ist außerordentlich und ich bin stolz auf unsere Crews – eigentlich wäre das aber die Aufgabe der Europäischen Union,” sagt Bayer.
Fotos: Roman Kutzowitz (1), Johannes Moths (2)