Ein Patrouillenboot der sogenannten libyschen Küstenwache hat mit scharfer Munition auf das Seenotrettumgsschiff Sea-Watch 5 geschossen. Der Angriff ereignete sich, kurz nachdem die Crew der Sea-Watch 5 66 Menschen aus Seenot gerettet hatte. Es ist das zweite Mal binnen kurzer Zeit, dass die sogenannte Küstenwache Libyens auf Seenotretter schießt. Sea-Watch fordert sofortige Aufklärung und Konsequenzen durch Italien und die Europäische Union.
Der Angriff ereignete sich in der Nacht des 26.Septembers. Schon während die Crew der Sea-Watch 5 mit der Seenotrettung beschäftigt war, hatte das libysche Patrouillenboot Ubari 660 Corrubia Class über Funk gefordert, die Sea-Watch 5 solle nach Norden abdrehen. Da dies einen Abbruch der Rettung bedeutet hätte, ging die Crew des Seenotrettungsschiff auf die Forderungen der libyschen Miliz nicht ein. Diese näherte sich daraufhin dem Seenotrettungsschiff – und schoss schließlich mit scharfer Munition auf das Schiff. Crew und Gerettete blieben unverletzt.
Schon während der Rettung war es zu einem Vorfall mit mutmaßlicher Involvierung libyscher Milizen gekommen: Als die Crew der Sea-Watch die Rettung einleitete, fielen ihr zwei mit Sturmhauben vermummte Männer auf, welche schließlich die Rettung verweigerten und davonfuhren. Es ist davon auszugehen, dass es sich bei diesen um libysche Milizen handelte, welche mit dem libyschen Staat in Verbindung stehen. Erst vor kurzer Zeit hatte die NGO Mediterranea Saving Humans bewiesen, dass hinter diesem Phänomen Milizen stehen, die direkt mit dem libyschen Staat und dem von diesen betriebenen Internierungslagern in Verbindung stehen.
In den vergangenen Jahren hat sich der Menschenhandel mit geflüchteten Menschen in Libyen zu einem profitträchtigen Geschäft entwickelt. Verschiedene Milizen sind im Betreiben der Internierungslager ebenso wie im gewaltsamen Abfangen von Migranten auf See involviert. Die Verbindungen dieser Milizen zueinander wie zur libyschen Regierung sind immer wieder belegt worden. In den letzten Monaten hat sich das gewalttätige Vorgehen dieser Milizen weiter verschärft. Zunehmend geraten dabei auch Seenotrettungsorganisationen in Gefahr. Erst vor einem Monat hatten die Milizen der sogenannten libyschen Küstenwache auf das Rettungsschiff Ocean Viking geschossen.
Die Crew der Sea-Watch 5 setzte nach dem Beschuss einen Mayday Relay ab und informierte die zuständigen Behörden, sowie die Bundespolizei. Um 02:30 Uhr UTC traf das Frontex Flugzeug Eagle2 am Einsatzort ein und bestätigte, dass das libysche Patrouillenboot 8 Seemeilen hinter der Sea-Watch 5 zurück blieb.
Eliora Henzler, Einsatzleiterin auf der Sea-Watch 5:
“Die Gewalt libyscher Milizen gegen Menschen auf der Flucht und Rettungsschiffe eskaliert. Nur einen Monat nach dem Beschuss des zivilen Schiffs Ocean Viking, feuert die sogenannte libysche Küstenwache auf unsere Sea-Watch 5. Wir fordern alle europäischen Staaten auf ihre Unterstützung der libyschen Behörden sofort einzustellen.”
Das libysche Patrouillenboot Ubari 660 Corrubia Class wurde 2018 durch Italien an die sogenannte libysche Küstenwache übergeben und war bereits in der Vergangenheit während Rettungen auf See gewalttätig aufgetreten. Genau vor einem Monat, wurde das Rettungsschiff Ocean Viking der Organisation SOS Meditérannee durch die sogenannte libysche Küstenwache beschossen.