November 2018, ein Gerichtssaal in Brüssel. Die Angeklagten: Elf Personen, die meisten mit Migrationsgeschichte. Ihr Verbrechen: Solidarität. Das Urteil: Schuldig.
Seit 2017 läuft in Belgien ein Verfahren gegen elf Personen, die wegen Menschenhandels und der Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung angeklagt sind. Unter den Angeklagten sind Journalist:innen und Sozialarbeiter:innen, die Flüchtenden auf der Suche nach einem sicheren Leben ihr Zuhause öffneten oder mit Informationen weiterhalfen. Vor allem aber sind es Menschen, die wegen ihrer Solidarität mit Flüchtenden vor Gericht kamen. Neun der elf Angeklagten mussten schon vor der erstinstanzlichen Verurteilung zwischen zwei und dreizehn Monaten in Untersuchungshaft verbringen. In erster Instanz wurden vier Personen freigesprochen, doch sieben wurden zu Gefängnisstrafen von bis zu vier Jahren verurteilt. Im Berufungsurteil vom Mai diesen Jahres wurden die Gefängnisstrafen der Verurteilten auf ein bis zwei Jahre verkürzt.
Die unrechtmäßige Kriminalisierung von Flüchtenden und all jenen, die sich mit ihnen solidarisieren, hat in der Europäischen Union seit Jahren System. So sollen Menschen aus Angst vor persönlichen Repressionen davon abgehalten werden, sich aktivistisch zu engagieren und sich für die fundamentalen Rechte von Flüchtenden einzusetzen. Zivilgesellschaftliche Solidaritätsbündnisse, die sich wie im oben geschilderten Fall mit Flüchtenden solidarisieren, sollen durch den hohen Kosten- und Zeitaufwand hinter Gerichtsverfahren sowie der drakonischen Strafandrohung davon abgeschreckt werden, sich für sichere und legale Fluchtrouten einzusetzen.
Um diese elf und andere von unrechtmäßiger Kriminalisierung betroffenen Menschen nicht im Stich zu lassen, wurde 2018 der Sea-Watch Rechtshilfefonds gegründet. Im Gegensatz zum gemeinnützigen Verein Sea-Watch, darf der Rechtshilfefonds strafrechtliche Verfahren finanzieren.
Zu Beginn war der Fonds primär dafür ausgelegt, Seenotretter:innen zu unterstützen, die für ihren Einsatz im Mittelmeer ins Visier der Behörden gerieten, wie beispielsweise im Fall von Carola Rackete. Seitdem hat der Rechtshilfefonds seine Ausrichtung ausgeweitet und unterstützt mittlerweile eine große Bandbreite an Projekten, die zusammen eine einfache Botschaft vermitteln: Solidarität ist kein Verbrechen – ob zu Land oder zu Wasser.
Die letzten fünf Jahre haben zahlreiche unbegründete Verwaltungs- und Strafverfahren gegen Flüchtende und ihre Unterstützer:innen hervorgebracht. Auch wenn sie nur selten zu einer Verurteilung führten, mussten die Betroffenen langwierige und kostspielige Prozesse durchlaufen. Gemeinsam will der Rechtshilfefonds Betroffene unterstützen und ihnen die finanzielle Last, die mit einem Gerichtsprozess einhergeht, nehmen.
Mehr über den Rechtshilfefonds und wie Du seine unersetzliche Arbeit unterstützen kannst, erfährst du unter https://swla.eu/de/