Die italienische Luftfahrtbehörde ENAC versucht, die Dokumentation von Menschenrechtsverletzungen auf dem Mittelmeer zu verhindern. Am Montag veröffentlichte die Behörde eine Anordnung, die den Einsatz von NGO-Flugzeugen über dem Mittelmeer verbietet. Sea-Watch setzt seine Aufklärungsflüge trotzdem fort und ist heute um kurz nach 13 Uhr auf dem Flughafen Lampedusa gestartet.
März 2024. Die von der EU und Italien aufgerüstete sogenannte „libysche Küstenwache“ schießt auf ins Wasser gefallene Menschen und zwingt das Schiff von SOS Humanity mit Waffen, ihre Rettung zu unterbrechen. März 2024: Die italienische Küstenwache ignoriert über Stunden ein Boot in Seenot, am Ende muss ein Handelsschiff helfen, das dafür ungeeignet ist, drei Menschen verschwinden im Meer. April 2024: Auf dem Mittelmeer häufen sich leere Boote – klare Anzeichen für illegale Pullbacks durch die sogenannte libysche Küstenwache.
All das ist bekannt, weil die EU, Italien und die sogenannte „libysche Küstenwache“ dabei nicht alleine waren. Sie wurden beobachtet: Aus den zivilen Luftaufklärungsflugzeugen Seabird 1 und 2 von Sea-Watch. Regelmäßig fliegt die Organisation Beobachtungsoperationen über dem zentralen Mittelmeer und dokumentiert Menschenrechtsverletzungen.
Diese Aufklärungsflüge möchte die italienische Luftfahrtbehörde ENAC nun unterbinden. Die Behörde untersteht dem italienischen Verkehrsministerium. Am Montag hatte die ENAC eine Verordnung erlassen, die bei Missachtung mit der Festsetzung von Flugzeugen droht.
Ungeachtet der Verordnung hat Sea Watch entschieden, seine Aufklärungsflüge über dem zentralen Mittelmeer fortzusetzen. Die Seabird 2 ist heute Mittag kurz nach 13 Uhr auf dem Flughafen Lampedusa gestartet.
Die Verordnung ist ein eindeutiger Versuch, den Blick der Öffentlichkeit vom Treiben der EU im Mittelmeer auszuschließen. Auch Journalist:innen vieler bedeutender europäischer Medien haben in der Vergangenheit immer wieder Sea-Watch Aufklärungsflüge genutzt, um Menschenrechtsverbrechen im Mittelmeer zu belegen.
“Das Flugverbot ist politisch motiviert und rechtlich nicht haltbar. Mitten im Europawahlkampf versucht Italien, die letzten Zeuginnen der europäischen Verbrechen im Mittelmeer loszuwerden. Wir lassen uns davon nicht einschüchtern”, sagt Oliver Kulikowski von Sea Watch.
In einer früheren Version dieser PM hatten wir versehentlich geschrieben, die Anordnung sei am Dienstag erlassen worden. Tatsächlich wurde sie bereits am Montag veröffentlicht. Wir bitten, diesen Fehler zu entschuldigen