Sea-Watch und SOS MEDITERRANEE fordern die künftige deutsche Bundesregierung dazu auf, sich für ein staatliches, europäisches Seenotrettungsprogramm im Mittelmeer einzusetzen. In dem gestern veröffentlichten Bericht des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages, Hans-Peter Bartels, werden eklatante Mängel bei der Bundeswehr sichtbar. Neben der allgemeinen Ausstattung betrifft das auch die Einsatzfähigkeit der deutschen Marine bei internationalen Einsätzen, unter anderem im Mittelmeer. Dort waren die Rettungseinsätze der Europäischen Marinemission SOPHIA im Jahr 2017 stark zurückgegangen. Wie Studien belegen, wächst in der Folge die Gefahr für Menschen auf der Flucht über das Mittelmeer. Die bessere Alternative zum ineffektiven Einsatz der Bundeswehr im Kampf gegen Schlepperei wäre die Beteiligung an einem europäischen Rettungsprogramm.
In dem Bericht spricht der Wehrbeauftragte von “Personallücken” bei der Marine. Diesem Umstand hätte die Bundeswehr 2017 “durch die Verringerung ihrer Präsenz in Einsätzen und sonstigen Verpflichtungen Rechnung getragen”. Laut Bericht hat die Bundeswehr letztes Jahr 2.094 Personen unmittelbar aus Seenot gerettet und 937 von anderen Schiffen übernommen. Im Vergleich zu den Vorjahren sind die Rettungszahlen damit stark rückläufig. Die zivilen Seenotretter*innen von Sea-Watch und SOS MEDITERRANEE kamen 2017 allein mehr als 20.000 Menschen in Seenot zu Hilfe. Auch durch die Sea-Watch Operationen vor Ort wurde eine deutlich geringere Präsenz der Bundeswehr beobachtet, was das Risiko für Menschen in Seenot erhöht.
“Die zivilen Seenotretter arbeiten an den Grenzen der Belastbarkeit”, sagt Verena Papke, Geschäftsführerin von SOS MEDITERRANEE. “Wenn jetzt auch die Einsatzfähigkeit der militärischen Schiffe nicht sichergestellt ist, besteht die Gefahr, dass noch mehr Menschen im Mittelmeer sterben.” Johannes Bayer, Mitglied im Vorstand von Sea-Watch ergänzt: “Die Rettung Schiffbrüchiger darf nicht davon abhängen, ob die Schiffe der Bundeswehr einsatzfähig sind oder nicht. Die bessere Alternative wäre ohnehin eine Lösung mit zivilen Schiffen, die im Einsatz wesentlich günstiger ausfallen dürften, als die für den Rettungseinsatz nur bedingt geeigneten Kriegsschiffe, die im Rahmen des ineffektiven Kampfs gegen Schlepperei innerhalb der Mission EUNAVFOR MED Operation SOPHIA der EU zum Einsatz kommen. Dies würde nicht nur für mehr Sicherheit an Europas tödlicher Seegrenze sorgen, sondern auch den Haushalt entlasten.”
Laut des UN-Flüchtlingshilfswerks sind 2018 bereits 8.000 Menschen über das Mittelmeer nach Europa gelangt. Ungefähr 400 Menschen sind bei dem Versuch ums Leben gekommen oder gelten als vermisst. “Statt auf Abschottung zu setzen und Drittstaaten wie Libyen mit der Abwehr von Geflüchteten zu beauftragen, sollte die Europäische Union endlich ihrer humanitären Verantwortung nachkommen und ein europaweites Rettungsprogramm auf den Weg bringen”, sagt Verena Papke weiter. “Jeder Tote im Mittelmeer ist einer zuviel und wenn die Bundeswehr nicht einsatzfähig ist, müssen Alternativen gefunden werden”, fügt Johannes Bayer an.
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