„Bitte informieren Sie Behörden und fordern Sie sie auf, weitere Hilfe auszusenden!“ – so Henning Toben, Leiter der Rettungsaktionen an Bord der “Sea-Watch“ per Mail an verschiedene Institutionen.
Details zum insgesamt 7. Einsatz der “Sea-Watch“
Gestern Vormittag hat die “Sea-Watch“ den Hafen von Lampedusa zur dritten Ausfahrt verlassen. Die Crew besteht aus 8 Personen aus Deutschland, den Niederlanden & Australien darunter Nautiker, Ingenieure & Mechaniker, Mediziner und ein Journalist.
- Es ist 10:40 Uhr, die “Sea-Watch“ ist mit der neuen Crew im Zielgebiet angekommen und bereits kurz nach 12:00 Uhr empfangen wir den ersten Notruf vom MRCC, gegen 14:00 Uhr einen weiteren: Position ganz in unserer Nähe.
- 15:00 Uhr: Wir lassen unser Schnellboot zu Wasser und schicken es mit 120 Rettungswesten plus 9 Kinder-Rettungswesten voraus.
- Ab 16:00 Uhr: Die “Sea-Watch“ hat sich inzwischen dem von MRCC Rom herbeigerufenen Frachtschiff „Shaya“ (Flagge Panama) angenähert. Vom Schnellboot ist bereits alles gesichert, Rettungswesten und Trinkwasser wurden verteilt.
An Bord des Flüchtlingsbootes befinden sich 104 Personen, 25 Frauen, 3 Schwangere, 2 Kleinkinder
Unser Bereitschaftsboot assistiert dem Frachter beim Boarden.
Crew-Mitglied Ragino ist auf das Boot der Flüchtlinge gestiegen, um allen beim Aufstieg der etwa 8-10 Höhenmeter zu helfen. Ca. 25 Personen sind geschwächt – zu geschwächt, um es alleine hinauf zu schaffen.
Unser Einsatzleiter trifft in Absprache mit dem Frachterkapitän eine Entscheidung: Mediziner gehen an Bord des Frachtschiffs „Shaya“, um dort die Flüchtlinge – insbesondere die Schwangeren und vor allem auch die sehr erschöpften Babys – zu untersuchen und erstzuversorgen.
Der Einsatz zeigt: Es werden dringend weitere Kapazitäten zur Seenotrettung vor Libyen benötigt! Niemand ist schwerverletzt, aber einige brauchen medizinische Hilfe
- Die Situation ist noch immer unsicher. Die MV „Shaya“ hat nicht genug Wasser und Nahrung für so viele Flüchtlinge, um es bis Sizilien zu schaffen.
- Um 19:30 Uhr ist dieser Einsatz für uns beendet, unsere Crew-Mitglieder sind zurück auf der “Sea-Watch“. Der Frachter „Shaya“ wird Sizilien ansteuern und hoffentlich Hilfe erfahren – wir werden bleiben.
Der heutige Einsatz zeigt ein weiteres Mal sehr deutlich, dass dringend weitere Rettungskapazitäten im Seegebiet vor der Libyschen Küste geschaffen werden müssen. Es kann und darf nicht sein, dass immer wieder Frachtschiffe, die weder die Ausstattung, noch die Erfahrung haben – die nötig wäre, um richtig retten zu können – für Rettungsaktionen eingespannt werden.
Es müssen endlich legale Einreisewege für die Menschen geschaffen werden, die sonst auf die Boote gezwungen werden. Mittelfristig muss eine zivile Seenotrettung in ausreichendem Ausmaß etabliert werden, aber kurzfristig müssen vor allem die Militärschiffe, welche ohnehin vor Ort sind und nichts tun, aktiv in die Rettungsmaßnahmen involviert werden.
„Da muss mehr drin sein, als alle paar Wochen einmal medienwirksam ein Boot zu retten“ so “Sea-Watch” Initiator Harald Höppner über den Militäreinsatz der Europäischen Union EUNAVFORMED, an dem auch die Bundeswehr beteiligt ist.