Die europäische Grenzagentur Frontex feiert in diesem Jahr ihr 20-jähriges Bestehen. Die zivile Seenotrettungsorganisation Sea-Watch zieht eine ernüchternde Bilanz: Seit seiner Gründung hat sich Frontex – finanziert durch EU-Milliarden – zum zentralen Akteur der Abschottung Europas und der Kriminalisierung von Flucht und Migration entwickelt – auf Kosten von Menschenleben.
Sea-Watch kritisiert Frontex zudem wegen mangelnder Transparenz und wiederholten Menschenrechtsverletzungen. Die Agentur informiert in der Regel weder zivile Rettungskräfte noch Handelsschiffe über in Seenot geratene Boote in ihrer Nähe. Durch die wiederholt belegte Kooperation mit den Milizen der sogenannten libyschen Küstenwache, spielt Frontex eine entscheidende Rolle beim Abfangen und Zurückschleppen von Flüchtenden in Folter, willkürliche Inhaftierung und Sklaverei. Während die Beteiligung von Frontex an Menschenrechtsverletzungen hinlänglich dokumentiert ist, bleiben Konsequenzen aus.
„Seit zwei Jahrzehnten investiert die EU Milliarden in eine Organisation, die straffrei und intransparent wie ein Geheimdienst arbeitet und vor allem durch Menschenrechtsverletzungen auffällt. Statt Schutzsuchenden legale und sichere Wege zu bieten, werden die Grenzen zum menschenrechtsfreien Raum und das Mittelmeer zu einem Massengrab gemacht.“ sagt Bérénice Gaudin, Referentin für Politische Öffentlichkeitsarbeit bei Sea-Watch.
Sea-Watch hat mehrere Fälle der Beteiligung von Frontex bei Menschenrechtsverletzungen im zentralen Mittelmeer in den Jahren 2022-2024 aus der Luft dokumentiert und in einem Report veröffentlicht, der hier zu finden ist. Sea-Watch hatte zudem im April 2022 Klage auf Herausgabe von Informationen erhoben, die die Beteiligung von Frontex an Menschenrechtsverletzungen belegen sollen. Frontex hatte zuvor alle Anfragen im Zuge der Informationsfreiheitsverordnung abgelehnt. In einem Urteil vom 24. April diesen Jahres versäumte das Gericht der Europäischen Union in Luxemburg jedoch, Transparenz und Rechenschaftspflicht herzustellen.
Während Frontex Milliarden in militärische und technische Aufrüstung steckt, bleibt die Rettung von Menschenleben auf dem Mittelmeer zivilgesellschaftlichen Organisationen überlassen. „Statt weiter in die Militarisierung der Außengrenzen zu investieren, müssen Menschenrechte und der Aufbau eines staatlichen, zivilen Seenotrettungsprogramms im MIttelpunkt stehen. Kein Mensch muss auf der Flucht über das Meer sterben“, so Gaudin.