Zwei Kinder sind tot, eine Person wird weiterhin vermisst, nachdem ein überfülltes Boot mit mehr als 90 Menschen an Bord am 29. Juli 2025 im Mittelmeer gekentert ist. Das Aufklärungsflugzeug Seabird 2 der zivilen Seenotrettungsorganisation Sea-Watch entdeckte das Boot in Seenot bereits am Montag, den 28. Juli, und alarmierte umgehend alle zuständigen europäischen Behörden. Erst einen Tag später wurden die Menschen von dem Handelsschiff PORT FUKUOKA gerettet – während dieser Rettungsaktion kenterte das überfüllte Boot. An Bord des zivilen Beobachtungsflugzeugs befand sich am 29. Juli auch der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Lars Castellucci.
Das zivile Aufklärungsflugzeug Seabird 2, betrieben von Sea-Watch, sichtete am 28. Juli 2025 um 13:59 MEZ erstmals das Boot in Seenot mit über 90 Menschen an Bord. Die Crew beobachtete bereits zu diesem Zeitpunkt, dass zwei Personen zeitweise über Bord gegangen waren. Kurz nach der Sichtung wurden mehrere Notrufe an die zuständigen Behörden abgesetzt. Dennoch wurde über Stunden hinweg keine Rettungsmaßnahme eingeleitet. Erst fünf Stunden später, leitete die Italienische Such- und Rettungsleitstelle einen Notruf ein – jedoch nicht im eigenen Namen, sondern im Namen libyscher Milizen, die unter dem Deckmantel der sogenannten libyschen Küstenwache operieren. Durch die Abgabe des Notrufs im Namen Dritter versucht Italien, sich der eigenen Rettungsverantwortung zu entziehen.
Das Flugzeug der EU-Grenzschutzagentur Frontex Sparrow 2 traf etwa sechs Stunden nach der ersten Sichtung durch die Seabird 2 am Ort des Geschehens ein. Frontex überflog das Boot in Seenot – eine Rettung wurde aber nicht eingeleitet. Auch eine direkte Reaktion auf die Notlage blieb aus. Am Morgen des 29. Juli war das Boot weiterhin nicht gerettet worden. Auf einem weiteren Flug beobachtete die Crew der Seabird 2 das Handelsschiff PORT FUKUOKA, das sich bemühte, Hilfe zu leisten – obwohl es für solche Rettungseinsätze nicht ausgerüstet ist. Während dieser Intervention kenterte das überfüllte Boot, die Menschen stürzten ins Wasser. Nachdem alle Überlebenden an Bord des Handelsschiffs gebracht wurden, wurde klar: Zwei Kinder starben, eine Person bleibt vermisst. Die Überlebenden berichteten, vier Tage auf See gewesen zu sein. Das gesamte Ausmaß des Vorfalls ist derzeit noch unklar. Lars Castellucci, der Menschenrechtsbeauftragte der deutschen Bundesregierung, begleitete den heutigen Flug der zivilen Aufklärungsoperation.
„Dieser Vorfall ist das Resultat systematischer unterlassener Hilfeleistung,“ sagt Paul Wagner, Sprecher von Sea-Watch. „Die europäischen Behörden wussten fast einen Tag lang, dass Menschenleben in Gefahr sind – und sie haben sich entschieden, nicht zu retten. Das ist gewaltvolle Politik in der Praxis: ein geplantes, vorsätzliches Sterben Lassen von Kindern auf See.“
Während die europäischen Behörden ihre Rettungspflicht vernachlässigten, blieb das Sea-Watch-Schiff Aurora im Hafen von Lampedusa festgesetzt. Allein in den letzten sechs Wochen wurden aufgrund der Kriminalisierung ziviler Seenotrettung durch italienische Behörden fünf Rettungsschiffe blockiert.
Sea-Watch fordert eine vollständige Untersuchung der Ereignisse und bekräftigt die Forderung nach einer staatlich koordinierten, zivilen Seenotrettungsoperation im Mittelmeer sowie der Schaffung sicherer und legaler Fluchtwege für schutzsuchende Menschen auf dem Weg in die Europäische Union.