Am Mittwoch, den 24.04.2024, entschied das Gericht der Europäischen Union in Luxemburg im Fall Sea-Watch vs. Frontex. Während das Gericht versäumte, Transparenz und Rechenschaftspflicht herzustellen, stellte es fest, dass Frontex zu Unrecht mehr als 100 Fotos geheim gehalten hat. Diese könnten die Beteiligung der Grenzagentur an einer Menschenrechtsverletzung im Mittelmeer belegen.
Sea-Watch hatte im April 2022 mit Unterstützung der Organisation FragDenStaat Klage auf Herausgabe von Informationen erhoben, die die Beteiligung von Frontex an Menschenrechtsverletzungen belegen sollen. Frontex hatte zuvor alle Anfragen im Zuge der Informationsfreiheitsverordnung abgelehnt.
Das Gericht der Europäischen Union führte nun in seiner Entscheidung aus, dass die Grenzagentur zuvor die Existenz von über 100 Fotografien verschwiegen hat, die Gegenstand des Antrags von Sea-Watch waren. Das Gericht stellt deshalb fest, dass die Verweigerung des Zugangs zu diesen Fotografien nicht gerechtfertigt ist.
Die Klage von Sea-Watch lehnte das EU-Gericht allerdings mit dem aktuellen Urteil weitgehend ab. Obwohl die Grenzagentur zur Transparenz gegenüber der Öffentlichkeit verpflichtet ist, verhindert das Urteil so die Herausgabe der angefragten Dokumente. Es zementiert damit Frontex’ Straflosigkeit an den europäischen Außengrenzen.
“Wenn wir Menschenrechtsverletzungen an den EU-Grenzen verhindern wollen, müssen Verantwortliche zur Rechenschaft gezogen werden können. Das Gericht hat heute versäumt, dafür Sorge zu tragen. Frontex-Direktor Leijtens kann trotzdem noch zeigen, dass er es mit der angekündigten Transparenz ernst meint. Wir fordern ihn auf, alle angefragten Dokumente als auch das zurückgehaltene Bildmaterial zu veröffentlichen.“ sagt Marie Naass, Leiterin der politischen Öffentlichkeitsarbeit bei Sea-Watch.
Luisa Izuzquiza, FragDenStaat Brussels Liaison Officer: “Es ist zwar noch ein langer Weg bis zur Beendigung der Straf- und Rechenschaftslosigkeit von Frontex, aber das heutige Urteil ist eine Chance. Frontex hat zu Unrecht wichtiges Beweismaterial geheim gehalten und sollte nun das in ihrem Besitz befindliche Filmmaterial offenlegen; dies ist zwar nur das absolute Minimum, aber es ist auch ein wichtiger Schritt zur Herstellung von Transparenz.”
—
Hintergründe zum Fall bei Border Forensics und Human Rights Watch.